Es war punkt 22.25 Uhr am 7. Mai, als ein riesengroßer Jubelschrei quer durchs Ruhrgebiet schallte – es ist vollbracht: Nach nur einem Jahr kehrt der FC Schalke 04 in die Fußball-Bundesliga zurück. Dramatischer hätte das entscheidende Spiel gegen den FC St. Pauli nicht laufen können: Emotionen, Rückstand, Trauer, Aufholjagd, Tore, Ausraster – S04 drehte einen 0:2-Rückstand und siegte mit 3:2.
Schalke: Fraisl - Vindheim (55. Aydin), Itakura, Kaminski - Latza, Flick - Churlinov, Drexler (67. Zalazar) - Bülter, Terodde. Trainer: Büskens
St. Pauli: Smarsch – Zander, Beifus, Medic, Paqarada – Aremu (57. Ritzka), Irvine, Hartel – Benatelli – Matanovic, Kyereh. Trainer: Schultz
Tore: 0:1 Matanovic (9.), 0:2 Matanovic (17.), 1:2 Terodde (47., FE), 2:2 Terodde (71.), 3:2 Zalazar (78.)
Schiedsrichter: Marco Fritz
Rote Karte: Beifus (81., grobes Foulspiel)
Gelb-Rot: Matanovic (90.+4)
Es war eine phantastische Kulisse in der Veltins-Arena – eine Atmosphäre, die es lange nicht gegeben hatte. In den ersten sechs Minuten nahmen die Schalker die großartige Unterstützung mit, nicht elf, sondern gefühlt 56.000 Königsblaue drückten den FC St. Pauli in den eigenen Strafraum. Schon nach 35 Sekunden hätte Simon Terodde treffen müssen, als er Abwehrspieler Marcel Beifus den Ball abluchste und allein auf Torwart Dennis Smarsch zulief. Doch er schoss Smarsch an. Danach war Teroddes Sturmpartner Marius Bülter abschlussfreudig. In der sechsten Minute stürmte er nach einem Pass von Thomas Ouwejan allein aufs Tor zu, wieder stand Smarsch richtig. Es war eine wilde, lautstarke Anfangsphase, die Führung war nur noch eine Frage von Sekunden.
Der FC St. Pauli, als Herbstmeister in die Rückrunde gegangen und dann eingebrochen, überschritt erst in der neunten Minute zum ersten Mal ernsthaft die Mittellinie. Im Schalker Strafraum legte Jackson Irvine den Ball zurück an die Strafraumgrenze, dort traf Igor Matanovic mit einem Drehschuss zum 1:0. Es war das überraschendste Tor der Saison.
Die Stimmung blieb aber prächtig, als wäre das Tor nicht gefallen. Und Schalke drückte weiter. Darko Churlinovs Schuss wurde geblockt (10.) und in der zwölften Minute verpasste Simon Terodde nach einer Ouwejan-Ecke eine Kopfball-Verlängerung von Marius Bülter – die zweite Chance, die der Top-Torjäger liegen ließ.
Wieder konnte sich St. Pauli kaum befreien. In der 18. Minute bekam Schalkes Torwart Martin Fraisl den Ball, bemühte sich um einen geordneten Spielaufbau. Doch Fraisl unterlief ein katastrophaler Fehlpass auf Jackson Irvine. Der spielte auf Matanovic – und der vernaschte erneut Schalkes Innenverteidiger Marcin Kaminski. 2:0 für die eiskalten Kiezkicker.
Die spielten nicht nur sehr effektiv, sondern hatten auch Video-Glück. In der 23. Minute jubelte Schalke nach einem Tor von Ko Itakura, auf dem Videowürfel stand bereits „1:2“ – doch Itakura war der Ball vor seinem Schuss an die Hand gesprungen. Alles lief plötzlich gegen die Schalker – nach dieser Szene gab es erstmals an diesem Fußball-Abend eine zehnminütige Ruhepause, auf dem Platz, auf den Rängen, die ersten Fans schienen sich von ihren Party-Plänen zu verabschieden.
Es war wieder Terodde, der die Fans zurück ins Spiel holte. Marius Bülter flankte den Ball in den Strafraum, Dominick Drexler legte per Kopf zurück auf den Torjäger – doch der schoss einen Abwehrspieler der Gäste an (34.). Das Tor war für Terodde wie vernagelt, und es zeigte sich einmal mehr: Es geht Schalke nur gut, wenn Terodde trifft. Zur Pause lagen die Königsblauen mit 0:2 hinten – total unverdient.
Schalke benötigte nach der Pause nur 30 Sekunden, um wieder die Betriebstemperatur zu erreichen. Terodde bekam im Strafraum den Ball zugespielt und wurde von Jakov Medic festgehalten – Elfmeter. Obwohl Terodde in der ersten Hälfte viele Chancen vergeben hatte, trat er an und verwandelte sicher zum 1:2. Es begann eine lange, laute Aufholjagd. Teilweise minutenlang hielten sich alle 20 Feldspieler in der Spielhälfte des FC St. Pauli auf, der nur noch vereinzelt strukturiert nach vorn spielte. Indes: Die Verteidigung der Kiezkicker hielt, blockte Schüsse von Marius Bülter (58.), Darko Churlinov (62.) und Simon Terodde (68.). Der Traum vom Aufstieg – vertagt?
In der 72. Minute nahm Schalke den nächsten Anlauf: Marcin Kaminski schlug den Ball hoch in den Strafraum, Churlinov legte per Kopf quer – und Terodde, der Verballer-König der ersten Hälfte, glich zum 2:2 aus. Ein Tor fehlte zum Aufstieg, Tollhaus Veltins-Arena, die Fans brüllten, was ihre Stimme hergab. Die Schlussphase wurde dramatisch. In der 76. Minute bangten die S04-Fans: Marcel Beifus knallte den Ball nach einer Ecke volley mit Karacho aufs Tor – Keeper Fraisl stand richtig.
Schalke: Zalazar erzielt das Siegtor nach Einwechslung
Und dann brach die 79. Minute an: Marius Bülter bekam den Ball, sah den heransprintenden Rodrigo Zalazar – der nahm den Ball an und hämmerte ihn zum 3:2 unter die Latte. Unglaubliche Szenen spielten sich ab. Spieler, Trainer, Betreuer, alle rannten kreuz und quer über den Platz.
Doch beendet war das Spiel noch nicht. In der 81. Minute verlor Pauli-Verteidiger Marcel Beifus die Nerven. Für ein grobes Foul an Florian Flick sah er Rot. Kurz vor Schluss folgte Doppel-Torschütze Matanovic – Gelb-Rot (90.+3). Schalke spielte die Schlussphase in Überzahl aus, die Fans zählten die Sekunden. Sie besangen den „Mythos vom Schalker Markt“ und nach fünf Minuten Nachspielzeit war es vollbracht: Aufstieg!